Rechtschreibung, Lesen und Textverständnis

    Rechtschreibung, Lesen und Textverständnis

    Der Schriftspracherwerb – also Rechtschreibung, Lesen und Textverständnis – lässt sich vereinfacht in 3 Phasen bzw. Strategien einteilen. Die erste Strategie ist die logografische Strategie, d.h. in dieser Phase zeichnen Kinder Wörter, oftmals zunächst ihren Namen, ab und nehmen Wörter in erster Linie als Symbol bzw. Bild wahr und malen dieses Vor-Bild ab. Dies geschieht in der Regel bereits in der Vorschulzeit. Es besteht noch kein Wissen über den Zusammenhang zwischen Buchstaben und Lauten.

    Rechtschreibung, Lesen und Textverständnis. Das Bild zeigt eine Hand mit Stift, die auf einem Buch mit leeren Linien liegt.

    Die Buchstaben-Laut-Zuordnung wird mit Beginn der Schulzeit nach und nach erlernt. Hier kommen wir jetzt zur so genannten alphabetischen Strategie. Es werden den symbolhaften Buchstaben nun Laute zugeordnet und im weiteren dann Wörter nach ihrem Klang geschrieben, das sogenannte lautorientierte Schreiben hat begonnen. Die Wörter werden dazu zunächst mitunter lang gezogen ausgesprochen, um die Identifizierung der Buchstaben zu erleichtern. Zunehmend gelingt dies auch bei normaler Aussprache. Zu dieser alphabetischen Strategie gehört es im weiteren zusätzlich, gewisse Strukturen der Schriftsprache zu erkennen, beispielsweise das Wissen darum, dass bei Verben wie lesen oder laufen vor dem »n« noch ein »e« einzusetzen ist, auch wenn dies nicht ausdrücklich gehört wird. Gleichermaßen werden andere Regelmäßigkeiten erlernt, ebenso wie Regeln, die es Erleichtern die Wörter zu schreiben, wie Verlängern, Silbenschwingen, Steigern und ähnliches. Zunehmend wird es für Rechtschreibung, Lesen und Textverständnis wichtig, in die sogenannte orthographische Strategie überzugehen. Das Lesen in der alphabetischen Phase oder durch die alphabetische Strategie bleibt in der Regel noch sehr aufwändig, mitunter stockend und das Textverständnis ist erschwert, weil das Arbeitsgedächtnis noch sehr belastet ist mit dem Entschlüsseln der Wörter. Es wird in der Regel auch lautierend gelesen beziehungsweise werden Wörter entschlüsselt durch leises, hörbares oder auch durch Verbalisieren nur im Kopf (Subvokalisieren). Dadurch, dass das Arbeitsgedächtnis durch den Leseprozess noch sehr belastet ist, fällt es eher schwer, Textverständnis aufzubauen und den Text inhaltlich zu verarbeiten.

    Mit der orthographische Strategie nun wird dies zunehmend erleichtert, in dem Morpheme, d.h. also die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten, erkannt und wiedererkannt, also zunehmend auch visuell erfasst und abgespeichert werden. Dazu gehören beispielsweise Silben wie ver oder vor vor bestimmten Wörtern (verloren, verspielt) oder Wortteile wie spiel in dem Wort gespielt. Zunehmend werden dann auch zunächst kleinere Wörter wie und, der, die, das, will und so weiter als Worteinheiten erkannt, ohne diese lautierend erlesen zu müssen. Dieser sogenannte Sichtwortschatz, der gute Rechtschreiber*innen und gute Leser*innen auszeichnet, erweitert sich im Idealfall auf einen immer größer werden Wortschatz, der zunehmend auch längere Wörter umfasst und somit Schreiben und Lesen erleichtert und sicherer macht. Im Hinblick auf die Rechtschreibung ist es zunehmend weniger wichtig, dem Klang zu folgen, weil automatisiert ein sogenanntes Wortbild zu den Wörtern vorhanden ist und die Wörter so zunehmend sicher, gleich und richtig geschrieben werden, ohne den zusätzlichen Aufwand des Lautierens oder Anwendens von Regeln. Das Lesen wird zunehmend schneller, flüssiger und insbesondere auch das Textverständnis erleichtert, weil Wörter als ganze Sinneinheiten erfasst und nicht mehr entschlüsselt werden müssen. So werden Kapazitäten des Arbeitsgedächtnisses frei, das Textverständnis wird zunehmend erleichtert und die inhaltliche Beschäftigung mit dem Text ermöglicht.

    Für Diagnostik und Therapie bei einer Lese-/Rechtschreibstörung ist es daher wichtig zu schauen, in welchem Bereich der Schriftsprachentwicklung Schwierigkeiten bestehen. Dies kann zum einen im Bereich der alphabetischen Strategie liegen, mitunter auch im Hinblick auf die phonologische Bewusstheit, es kann die Einsicht in strukturelle Regelmäßigkeiten der Schriftsprache noch nicht ausreichend vorhanden sein und es kann der Schritt in die bildhafte Verarbeitung, also in den Sichtwortschatz, in die Ganzwortverarbeitung, noch nicht vollzogen sein, sodass sowohl das Schreiben fehleranfällig und zeitintensiv, das Lesen erschwert sowie das Textverständnis schwierig ist. Entsprechend der Diagnose kann so eine lerntherapeutische Begleitung sowie die Unterstützung zuhause gezielt geplant und umgesetzt werden.

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